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Täglich drei Gerichte

Uniklinik Jena: Ab sofort „halal“ im Speiseplan

Dr. Aysun Tekbaș, Ärztin in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am UKJ, hat sich dafür eingesetzt, dass muslimische Patienten am Klinikum jetzt „halal“-Speisen erhalten.
Dr. Aysun Tekbaș, Ärztin in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am UKJ, hat sich dafür eingesetzt, dass muslimische Patienten am Klinikum jetzt „halal“-Speisen erhalten.
Foto: Anke Schleenvoigt/UKJ
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In Deutschland darf jeder seine Religion frei ausüben. Deswegen bietet das Universitätsklinikum Jena für muslimische Patienten nun auch „halal“ zur Auswahl.

Jena. Menschen muslimischen Glaubens essen kein Schweinefleisch. Dieser Grundsatz ist vielen bekannt. Dass sich hinter dem arabischen Wort „halal“ – also nach islamischem Glauben „erlaubt“ – jedoch viel komplexere Speisevorschriften verbergen, wissen viele Nicht-Muslime hingegen nicht.

„Dass muslimische Patienten im Klinikum in der Vergangenheit beispielsweise oft Joghurt mit Gelatine erhalten haben, hat mich schon lange gestört“, so Dr. Aysun Tekbaș, Ärztin in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie.

Gelatine ist ein Stoffgemisch aus geschmacksneutralen tierischen Proteinen – Produkte von nicht geschächteten Tieren werden von vielen Muslimen jedoch als nicht „halal“ eingestuft. Da das Schächten in Deutschland nicht praktiziert wird und somit „halal“ Fleisch nicht einfach zu finden ist, weichen viele Muslime auf vegetarische Kost oder Fischgerichte aus, da diese in jedem Fall „halal“ sind.

Zugezogene gehen davon aus, dass Essen zu ihren religiösen Vorschriften passt

Dass muslimische Patienten im Klinikum einfach auf die vegetarische Speisekarte zurückgreifen, funktioniert jedoch auch nur bedingt. Zu den nicht erlaubten Produkten zählt nämlich auch Alkohol, der nicht selten in Marinaden und Dressings zum Beispiel in Form von Branntweinessig zu finden ist.

In Deutschland geborene oder seit langem hier lebende Muslime wissen, dass sie bei vielen Produkten genau nach den Inhaltsstoffen schauen müssen. „Neu nach Deutschland Zugezogene wissen dies oft nicht. Sie gehen davon aus, dass das Essen, das sie erhalten, zu ihren religiösen Vorschriften passt“, so Dr. Tekbaș.

Im vergangenen Jahr ist Dr. Tekbaș daher auf Cornelia Luckner zugegangen, die am UKJ den Bereich Verpflegungsmanagement leitet. Ihre Anregung, einen „halal“-Speiseplan aufzustellen, sei sofort offen aufgenommen worden.

Ordner mit Unterlagen, was „halal“ ist und was nicht

Die leitende Diätassistentin Jana Serzisko hat die Inhaltsstoffe der bisher angebotenen Speisen sehr genau unter die Lupe genommen, Dr. Tekbaș hat sich auf theologischer Seite informiert – denn was in die „halal“-Kategorie fällt, ist nicht allgemeingültig festgelegt, sondern wird von islamischen Rechtsgelehrten zum Teil unterschiedlich ausgelegt. „So standen wir in einem sehr regen Austausch“, beschreibt Serzisko.

Einige Produkte schieden aus, weil enthaltene Speisefettsäuren tierisch sein können. Ein anderes Problem: Für die bessere Haltbarkeit wird die Schale von gekochten Eiern von Lebensmittelherstellern mit Schellack überzogen.

Dieses wird aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus nach ihrem Saugen an bestimmten Pflanzen gewonnen – und ist somit ein tierisches Produkt. Ein ganzer Ordner mit Unterlagen ist so zusammengekommen.

Sabine Kaßner, Qualitätsmanagementbeauftragte in der Zentralküche, hat schließlich einen „halal“-Speiseplan für vier Wochen zusammengestellt. Einige Komponenten aus bisherigen Menüs wurden dafür anders zusammengestellt, einige mussten weggelassen werden.

„Da sich bei den chirurgischen Patienten die Kostform häufig ändert, haben wir die Speisekarte an deren Bedürfnisse angepasst“, so Dr. Tekbaș. So werden jeden Tag auch drei verschiedene „halal“-Kostformen angeboten: Flüssigkost, leichte Kost und Vollkost.

Dass neue Kostformen hinzukommen, sei nichts Ungewöhnliches, so Serzisko. Neben der „halal“-Kost ist kürzlich beispielsweise auch eine calciumreiche Kost speziell für Patienten mit Osteoporose neu ins Angebot aufgenommen worden.

Quelle: Uniklinikum Jena