Die Thüringer Krankenhäuser haben ihre Belastungsgrenze erreicht. Uniklinikum Jena und Feuerwehr koordinieren die Verlegung von Patienten aus Thüringen in andere Bundesländer.
Jena. Die Stadt Jena geht bei der Bekämpfung der Pandemie weiter voran. In einer Pressekonferenz am Donnerstag berichteten der Leiter der Jenaer Feuerwehr Peter Schörnig und der Teamleiter der Zentralen Leitstelle Marko Glätzer von der Arbeit der Feuerwehr und des Uniklinikums bei der Verlegung von Covid-Intensivpatienten in andere Bundesländer.
Sicherheitsdezernent Benjamin Koppe, Mitglied des Krisenstabs der Stadt Jena, bekräftigte zudem die Forderung der Stadt nach der Ausrufung des Katastrophenfalls (wir berichteten).
Kleeblatt Ost stößt an seine Grenzen
Schörnig, Leiter der Berufsfeuerwehr Jena, beschrieb die Verlegung von Intensivpatienten in andere Bundesländer nach dem Kleeblatt-System. Dieses sei Ende letzten Jahres geschaffen worden, für den Fall, dass einzelne Regionen in Deutschland an ihre Belastungsgrenze stießen.
Dafür wurde Deutschland in fünf sogenannte "Kleeblätter" aufgeteilt. Der Freistaat Thüringen zählt zusammen mit Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin zum "Kleeblatt Ost".
Das System sieht vor, dass Patientenverlegungen, wenn möglich, zuerst innerhalb der einzelnen Kleeblätter geschehen. Erst wenn alle Ressourcen innerhalb eines Kleeblattes ausgeschöpft seien, werde in andere Regionen des Landes verlegt. Für die Koordination dessen gibt es in jedem Bundesland eine zentrale Leitstelle, einen "Single Point of Contact" (SPoC).
In Jena kommen so alle Anfragen aus dem ganzen Bundesland zusammen und werden zunächst gebündelt. Gleichzeitig werden Transportmittel organisiert und aufnahmefähige Krankenhäuser, vor allem im "Kleeblatt Nord" ermittelt, da die Bundesländer im "Kleeblatt Ost" die Belastungsgrenze bereits überschritten haben. So wurden in der letzten Woche neun Intensivpatienten nach Niedersachsen ausgeflogen.
Drei Hubschrauber, fünf "rollende Intensivstationen"
Für den Transport stehen der Feuerwehr dabei zwei Rettungshubschrauber sofort zur Verfügung, ein weiterer auf Abruf. Doch nicht immer ist die Verlegung per Hubschrauber möglich. So kann zum Beispiel eine wetterbedingte schlechte Sicht einen Strich durch die Rechnung machen.
Daher befindet sich die Leitstelle auch in enger Kooperation mit dem Intensivverlegungsdienst Mitteldeutschland. Fünf Intensiv-Transportwagen, sozusagen "rollende Intensivstationen", stelle dieser zur Verfügung.
"Kurz davor zu triagieren"
Dezernent Koppe bekräftigte zudem noch einmal die Forderung der Stadt Jena an die Thüringer Landesregierung, den Katastrophenfall auszurufen. "Es ist damit zu rechnen, dass wir in eine Situation kommen, wo wir auch auf Transportkapazitäten zurückgreifen müssen, auf die wir noch gar nicht zurückgreifen können.
Er appellierte an alle Bürger, sich an die Infektionsschutzregeln zu halten. Die Gefahr, sich und andere anzustecken, sei derzeit einfach enorm. Neben den heute gemeldeten 164 Neuinfektionen (wir berichteten) gebe es etwa 160 weitere, noch nicht bearbeitete Fälle. Trotz Hilfe der Bundeswehr an Gesundheitsamt und Uniklinikum sei Jenas Gesundheitsbehörde massiv überlastet. Das Uniklinikum stehe schon jetzt "kurz davor zu triagieren".
Feuerwehrchef Schörnig forderte eindringlich, die Gefahren des Virus ernst zu nehmen: "Das Corona-Virus gibt es wirklich und es ist sehr gefährlich. Eine Infektion kann für jeden damit enden, dass er einen Schlauch im Hals hat, Verwandte nie wieder sieht, sie ihn auch nicht besuchen dürfen, oder dass er in ein 500 Kilometer entferntes Krankenhaus transportiert wird, wenn das überhaupt noch möglich ist."
Text: Alexander Nehls
Herausgegeben vom Baumgarten Verlag
© Jenaer Nachrichten
Entwicklung von formativ.net