Skip to main content

Verpflichtend oder garnicht

Jenas OB: 15-km-Radius nur für ganz Thüringen

Jenas Oberbürgermeister Dr. Thomas Nitzsche zeigt sich verwundert über Rückzieher der Landesregierung.
Jenas Oberbürgermeister Dr. Thomas Nitzsche zeigt sich verwundert über Rückzieher der Landesregierung.
Foto: Stadt Jena/Screenshot
Teilen auf

Empfehlung zu lasch: Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche fordert, dass die 15-Kilometer-Regel für ganz Thüringen verpflichtend wird.

Jena. Der Thüringer Landesregierung und insbesondere dem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow wurde in den letzten Tagen vermehrt ein Zickzack-Kurs vorgeworfen.

In Anbetracht der zweithöchsten Inzidenz aller Bundesländer nach Sachsen forderten neben Jena auch Erfurt und Weimar seit Wochen ein konsequenteres Handeln und schärfere Corona-Maßnahmen von der Landesregierung.

Nun, am Sonntag, erschallte ein Klageruf aus Masserberg und Oberhof, zwei Erholungs- und Wintersportzentren der Thüringer Mittelgebirge, die am Wochenende von Menschenmassen und Tagestouristen überrannt wurden.

Dies war auch der Zeitpunkt, als Bodo Ramelow vom eher lockeren Kurs abließ und lautstark die Beschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer, die in Sachsen schon seit drei Wochen gilt, für das gesamte Bundesgebiet forderte.

Erst vorgeschlagen, dann ad absurdum geführt

Zuspruch bekommt er dafür von Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche, der, wie bereits erwähnt, ein konsequenteres Handeln schon seit Längerem für dringend nötig hält. „Wir sehen sehr wohlwollend, dass Ramelow in den letzten Tagen viel klarer und deutlicher auftritt als zuvor“, sagt Nitzsche.

Freilich sei die Forderung ein harter Einschnitt in die Bewegungsfreiheit, aber offensichtlich haben die bisherigen Maßnahmen nicht die gewünschte Wirkung gezeigt, weshalb verschärfte Maßnahmen für eine begrenzte Zeit notwendig seien, „ansonsten hangeln wir uns von einem Lockdown zum nächsten“, so Nitzsche.

Dann der gestrige Rückzieher von Ramelow. Der Politiker, der bundesweit am lautesten für den 15-km-Radius trommelte, macht denselben in seinem Bundesland nun freiwillig. Dazu weitere Lockerungen wie beim Einzelhandel, die im gestrigen Beschluss von Bund und Ländern nicht angeführt sind.

Für Nitzsche nicht nachvollziehbar: „Wenn die 15 Kilometer befolgt werden sollen, muss die Regelung verbindlich sein. Aber es geht nicht, die Verantwortung dafür jetzt auf die Kommunen zu übertragen“.

15-km-Einschränkung in Jena nur bei Thüringen-weiter Pflicht

Deswegen wendet sich Jena nun mit einem offenen Brief an die Landesregierung, um die Regelung vielleicht doch noch für ganz Thüringen verpflichtend einzuführen. Sollte dies nicht gelingen und die Umsetzung weiter auf Freiwilligkeit basieren, wird es in Jena keine Bewegungseinschränkung von 15 Kilometern geben, sagt Nitzsche.

„Dann besteht zum einen die Gefahr, dass es vom Landesverwaltungsgericht kassiert wird und zum anderen, dass Jena isoliert und schlecht dasteht, wenn die Nachbarkreise nicht mitziehen.“ Der 15-km-Radius also gerne, aber nur, wenn er für ganz Thüringen verpflichtend ist.

Unterschiedliche Regelungen der Landkreise könnten stattdessen in Konflikt miteinander geraten und seien somit auch nicht durchhaltbar.

Lange Menschenschlangen bei Abholstationen befürchtet

Auch die Lockerungen für den Einzelhandel, die Thüringen unabhängig von Bund und Ländern beschlossen hat, kann Nitzsche nicht nachvollziehen. Er befürchtet, dass es an den Abholstationen zu langen Menschenschlangen kommen könnte, was im Land mit den zweithöchsten Corona-Zahlen schlicht nicht gehe.

In der Summe seien die neuen Beschlüsse sogar so weit aufgeweicht worden, dass man fast schon von Lockerungen sprechen könne. Zwar verstehe Nitzsche auch die Leute, zum jetzigen Zeitpunkt seien derartige Lockerungen das aber das falsche Signal.

Ohnehin hat die Bevölkerung derzeit viel zu erleiden. Deswegen dankt Nitzsche zum Schluss der Bevölkerung für die wenigen Vorkommnisse rund um Silvester und bittet sie gleichzeitig, weiter diszipliniert zu bleiben.

Text: Johannes Pfuch