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Kriminelle Karriere verhindern

Jugendstation in Jena: Schwerpunkt Schwarzfahren und Ladendiebstahl

Stehen stellvertretend für das Konzept der Jugendstation Jena/SHK: v.r.n.l. Karola Glöck (Staatsanwaltschaft Gera), Juliane Fleischer (Jugendgerichtshilfe SHK), Gabriele Wieduwilt (Jugendgerichtshilfe Jena) und Christopher Heineck (Polizei Jena).
Stehen stellvertretend für das Konzept der Jugendstation Jena/SHK: v.r.n.l. Karola Glöck (Staatsanwaltschaft Gera), Juliane Fleischer (Jugendgerichtshilfe SHK), Gabriele Wieduwilt (Jugendgerichtshilfe Jena) und Christopher Heineck (Polizei Jena).
Foto: Andreas Wentzel
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Rund 900 Straftaten von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden werden in der Jugendstation Jenas pro Jahr bearbeitet. Ziel: Das Abgleiten der jungen Menschen in eine kriminelle Karriere zu verhindern.

Jena. Seit fünf Jahren werden in dem roten Klinkerbau in der August-Bebel-Straße 2 Schicksale junger Menschen beeinflusst. Muss der vermutliche Straftäter in den Knast? Oder sind Schadensersatz, Entschuldigung und Arbeitseinsätze in einem gemeinnützigen Verein ausreichend?

Im vergangenen Jahr liefen 917 Fälle in der Jugendstation Jena/Saale-Holzland-Kreis auf, die Aufklärungsquote betrug 95 Prozent. „Die meisten Delikte entfielen auf ‚Schwarzfahren‘ und Ladendiebstahl“, berichtet Polizeibeamter Christopher Heineck zum „Tag der offenen Tür“.

Die Jugendstation ist – die zweite neben Gera im Freistaat - eine staatliche Einrichtung, in der Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendgerichtshilfe unmittelbar und unter einem Dach zusammenarbeiten, wenn Kinder, Jugendliche oder Heranwachsende sich strafbar gemacht haben. Zwei Staatsanwältinnen der Staatsanwaltschaft Gera, fünf Polizisten des Inspektionsdienstes Jena und der Polizeiinspektion Saale-Holzland sowie fünf Kollegen der Jugendgerichtshilfe Jena bzw. SHK stehen in der Pflicht, herausfinden, wie einer Straftat begegnet werden kann.

Thomas Villwock, Leiter der Staatsanwaltschaft Gera, würdigte die Arbeit der Jugendstation Jena/SHK. Foto: Andreas WentzelDer Ablauf ist dem der bei Erwachsenen angewendeten gleich. Die Polizei ermittelt, die Staatsanwälte prüfen nach dem Strafgesetzbuch. Anschließend kommt die Jugendgerichtshilfe ins Spiel. Kinder unter 14 werden angehört, Ältere vernommen. Minderjährige im Beisein ihrer Eltern. Die Jugendhilfe kann schon, bevor der Staatsanwalt abschließend entscheidet, Lösungsvorschläge einleiten bzw. dem Staatsanwalt vorschlagen.

Ein größere Auswahl von „ambulanten Maßnahmen“ unterhalb der Gerichtsschwelle stehen zur Verfügung. Werden Arbeitsstunden aufgebrummt, können die bei Freien Trägern der Jugendhilfe abgeleistet werde, z. B. in einem Jugendclub. Andere Träger bieten Kurse bei Drogen- oder Alkoholproblemen an oder unterstützen Aussteiger aus der Neonaziszene. Die Sanktionen sind verbindlich für die Jugendlichen, Nichtbefolgung führt zum Auftritt vor dem Kadi.

„Die meisten jungen Straftäter nutzen diese Möglichkeiten“, lautet die Erfahrung von Gabriele Wieduwilt, Jugendgerichtshilfe Jena, die seit Eröffnung am 21. März 2011 in der Jugendstation arbeitet. Für Jenas Polizeichef Thomas Wehling ist es ganz wichtig, dass die jungen Straftäter sehr schnell mit Konsequenzen ihrer Handlungen konfrontiert werden. Und dass sich der Effekt „Lernen durch Erfolg“ einstellt: Wer die ausgesprochenen Sanktionen erfüllt, muss nicht mit den ganz harten Strafen rechnen.

Inwieweit nun die Jugendstation Langzeitwirkung erzielt, ist nicht bekannt. „Leider hat die Politik aus finanziellen Gründen bislang keine wissenschaftliche Evaluierung vornehmen lassen“, erklärt Thomas Villwock, Leiter der Staatsanwaltschaft Gera. Dennoch will Villwock, der 2009 eine Jugendstation in Jena wesentlich initiierte, ein positives Fazit vorlegen. Jena und der SHK, Justiz- und Innenministerium schlossen damals eine Rahmenvereinbarung. „Das erleichtert vieles, die Entscheidung war richtig“, lobt Jenas Sozialdezernent Frank Schenker (CDU) ein halbes Jahrzehnt später die Arbeit der Jugendstation.

Text: Andreas Wentzel