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20-jähriges Jubiläum

Goethe Galerie Jena: Ein Mehrwert für die Stadt

Keine Feier ohne Jubiläumstorte.
Keine Feier ohne Jubiläumstorte.
Foto: Michael Baumgarten
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Eine Vision für Innenstadtleben, die aufging: Die Goethe Galerie ist seit 20 Jahren ein pulsierendes Herzstück der Jenaer City. Am heutigen Montag begann die Festwoche.

Jena. Manch ein Zeissianer, der im südlichen Teil des Hauptwerkes Optiken gefertigt hat, konnte die Tränen beim Anblick der Abrissbagger nicht zurückhalten. Erst den Job verloren und dann wird auch noch der Arbeitsplatz selbst vernichtet.

Die Entscheidung von Radikalsanierer und Jenoptik-Gründer Lothar Späth, das Zeiss-Hauptwerk, Arbeitsort für rund 10.000 Beschäftigte, komplett als Produktionsstandort aufzugeben, sorgte für Trauer, Unverständnis, Frust und Wut. Und für den von Erfolg gekrönten Neustart. Statt einer innerstädtischen Industriebrache erhielt Jena Mitte der 90er Jahre durch den von vielen angefeindeten Weitblick des Managements und der Stadtführung ein Ensemble für Handel, Büros und Seminarräume. Die Planer von Braschel Control (Stuttgart) 1997 den „Immobilien-Oscar“, also MIPIM Award, in den Kategorien „Special Jury Award“ und „Business-Center“.

Röhlinger mit einer fotografischen Erinnerung an die Vor-Galerie-Zeit. Zusammen mit dem damaligen Jenoptik-Chef Lothar Späth an der Westseite der Goethestraße, die nach dem Bau mitten durch das Center verläuft.Alt-OB und Neu-Ehrenbürger Peter Röhlinger erinnerte in seiner Rede zur offiziellen Feier am heutigen Montag an die Dramatik der damaligen Entscheidung. Und wollte das Risiko, mit dieser damals umgesetzten Vision auch scheitern zu können, nicht unerwähnt lassen.

Ein Weitblick, dessen Vollendung sein nunmehr 20-jähriges Jubiläum feiern darf. Am 29. Februar 1996 öffnete die Goethe Galerie erstmals ihre Türen. Von Beginn an kam ihr ein herausragender Status zu, den Centermanager Michael Holz heute in schwäbischer Zurückhaltung als „nicht ganz unwichtig für die Stadt“ beschreibt.

Sie ist das Herzstück der Konversion in eine multifunktional genutzte Großimmobilie zwischen Bach- und Ernst-Abbe-Straße, Schillerstraße, Leutragraben und Carl-Zeiss-Platz. Ein ganz großer Name wurde ausgewählt für das 34.000 qm große Einkaufszentrum mit Gastronomie, Büro- und Praxisflächen auf 30.000 qm sowie dem integrierten Steigenberger „Esplanade“.

Eine lokale Ableitung bietet immerhin die Goethestraße, die quasi mitten durch das Center verläuft.

Voraussetzung für diesen radikalen Umbau: Erhalt eines Teils der Industriearchitektur. Die Nordseite der zentralen Mall wurde verbunden mit einer Glas-Stahlkonstruktion, die das Center von vielen anderen wohltuend unterscheidet. Wo strömt schon in die gesamte Mall Tageslicht?

Holz, der bereits bemerkenswerte 16 Jahre als erst dritter Centermanager nach Burkhard Köster und Hans Günter Weiss fungiert, hat letzte Woche angekündigt, auch die Glas-Stahl-Konstruktion muss – wie zur Feier zu erleben - saniert werden. Immerhin bis zu fünfzehn Zentimeter Längenunterschied zwischen Sommer- und Winterausdehnung muss die Überdachung aushalten. Modernisiert werden soll der gläserne Lift in der Rotunde.

Zum 20-Jährigen erhielt das Haus komplett erneuerte Besuchertoiletten, zu nutzen ohne Gebühr und den berüchtigten „Münzteller“. Dazu neue Sitzbänke mit integrierten Aufladestationen für Mobilgeräte. Nahezu abgeschlossen ist die dreijährige Sanierung der Tiefgarage.

Zur Präsentation des Festprogramms meinte scherzhaft Holz, dass man ja erst „5“ werde. Jung geblieben ist die Goethe Galerie auch, weil bei Befolgung des Grundkonzepts immer wieder kleinere Änderungen vorgenommen werden. Dabei gehört eine erstaunlich große Zahl der aktuell knapp 80 Geschäfte – das Center ist voll vermietet - zu den Erstmietern. Aktuell bietet der Gebäudekomplex den Arbeitsplatz für 1.500 Menschen.

Die „GöGa“, wie das Center genannt wird, verfolgte seit Eröffnung den Anspruch, ein öffentlicher, von Ausnahmen abgesehen kostenfrei zugänglicher Ort für Kulturevents zu sein. In Kooperation mit der Medien Gruppe Thüringen wird Jahr für Jahr die „World Press Photo“-Schau gezeigt. In der kleinsten Stadt weltweit, die diese Wanderausstellung beherbergt, wie Holz feststellen darf.

Viele Jahre war das Center Auftaktort für die Schwarzbiernacht in Jena. Die „Puhdys“ oder „The Sweet“ spielten jeweils vor mehreren Tausend Fans auf. Mit Deutschlands berühmtestem Chorleiter, Gotthilf Fischer, wurde gar ein 20-Jahresvertrag unterzeichnet. Kurzauftritte und Autogrammstunden absolvierten u.a. DJ Ötzi und Jürgen Drews. Die schönsten Frauen und Männer Mitteldeutschlands werden hier gekürt. Regelmäßig, auch in Ermangelung adäquater City-Räumlichkeiten, nutzen Organisationen das Center für öffentliche Events in eigener Sache.

Internationalität allein soll nicht Besucher anlocken. Lokale Verwurzelung bezeugen Ausstellungen zur Geschichte der Zeiss-Stiftung, der städtischen Schulen und der Hochwasser in Jena. 

Die Goethe Galerie ist seit zwei Jahrzehnten ein Mehrwert für die Stadt.

Text: Andreas Wentzel
Fotos: Michael Baumgarten