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Nur eine Frage der App

Romantik und Liebe: Dating-Portale in der Diskussion

Längst gehören die klassischen Liebesbriefe der Vergangenheit an.
Längst gehören die klassischen Liebesbriefe der Vergangenheit an.
Foto: S. Hofschlaeger/pixelio.de
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Romantik und Liebe sind in den letzten Jahrzehnten immer wieder für tot erklärt worden und dann doch wieder auferstanden. Nun, da die Digitalisierung auch vor ihnen keinen Halt gemacht hat, ist diese Diskussion erneut aufgeflammt. Aber was sind eigentlich die Streitpunkte, und welche sind wirklich valide?

Jena. Natürlich klingt es zunächst ein wenig dystopisch, wenn das Kennenlernen, Umwerben und Hofieren inzwischen bei fast jedem siebten Smartphone-Nutzer zum Teil via App stattfindet. Dem Schattendasein für die Schüchternen und Seltsamen sind sie entsprechend schon längst entwachsen.

Dagegen fällt jedoch auf, dass der Einzug von Apps in andere, noch alltäglichere Lebensbereiche zumindest mit Achselzucken, häufig sogar mit Begeisterung, aufgenommen wird. Beispiele hier wären WhatsApp, Spotify oder verschiedene Mobilitätsapps. Es verfestigt sich der Eindruck, dass in unserer säkularisierten Welt Liebe und Romantik, obgleich schwer zu definieren, das letzte ist, was technologisch tabu zu sein scheint.

Wofür auch schon mal recht unglücklich ausgerechnet mit Friedrich Nietzsche argumentiert wird, wie man in diesem Artikel nachlesen kann. Die Wahrheit sieht jedoch anders aus. Denn letztlich dienen Apps wie Tinder, Badoo oder Lovoo nur der Anbahnung von Dates. Sie ersetzen sie nicht und modifizieren das Date-Verhalten der Menschen auch nur insofern, dass diese vielleicht mit etwas mehr Selbstvertrauen dabei auftreten können. Sie haben schließlich meist schon beim Chatten vorab viel über ihr Gegenüber erfahren können.

Und vor allem liegt echtes gegenseitiges Interesse vor. Dem ging wiederum voraus, dass ein Algorithmus eine Vorauswahl traf. Und zwar für beide Beteiligten. Diese mussten dann nur die Auswahl treffen, bzw. die Einwilligung, es mal mit der Kommunikation mit dem jeweils anderen auszuprobieren.

Diese Algorithmen basieren auf den Daten, die man beim Einrichten seines Profils eingibt und generieren davon ausgehend eine Liste mit potenziellen Partnern, mit denen möglichst viele Übereinstimmungen vorliegen. Tatsächlich ist die Präsenz dieses Algorithmus für die meisten User noch das Unheimlichste an der Sache. Vor allem wenn es dann mal richtig funkt, bringt das ein Pärchen eher in Verlegenheit, da man dann die Beziehungsgeschichte mit so etwas Mathematischen beginnen lassen muss.

„Es war einmal ein Algorithmus…“ klingt vielleicht etwas unterkühlt. Eine weitere, vielleicht noch ernstere Problematik, die ebenfalls in diesem Interview angesprochen wird, ist die schier unendlich scheinende Auswahl an Partnern. Der Gedanke, dass da draußen irgendwo ein vielleicht noch perfekteres Match auf einen wartet, kann verhindern, dass man sich wirklich zu binden wagt oder alles in die Waagschale dafür wirft.

Und ob man den sich nun bei Tinder „erwischt“ oder auf dem Lovoo-Radar ortet, ist letztlich nur eine Frage der App. In Gefahr sind Liebe und Romantik letztlich wirklich nicht. Sie ist eben nur auch im 21. Jahrhundert angekommen. Und das bietet Probleme und Möglichkeiten, wie jedes Zeitalter auch.

Text: Susann Schmidt