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Öko immer beliebter

Laut Studie: Das macht Städte besonders attraktiv

Wolkenkratzer und viel Grün: New York zählt zu den attraktivsten Städten der Welt.
Wolkenkratzer und viel Grün: New York zählt zu den attraktivsten Städten der Welt.
Foto: Ben Baumgarten
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Was braucht eine Stadt in ihren Augen, um für Touristen und Anwohner attraktiv zu sein? Für anerkannte Studien ist die Sache klar. Wir fassen die Ergebnisse zusammen.

Jena. Nicht jede Stadt in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, ist gleich beliebt. Städtereisen werden oft in die immergleichen Metropolen unternommen, während in anderen Städten fast nur gewohnt, aber eher weniger Urlaub gemacht wird.

Es scheint einige Faktoren zu geben, die eine Stadt für Anwohner und für Touristen attraktiv macht. In den meisten Punkten finden hier Überschneidungen statt. Allerdings sind Touristen auch auf Dinge aus, die Anwohnern vielleicht eher weniger wichtig sind.

Schöne Städte ziehen die Menschen an

Was genau macht eine Stadt für Menschen grundsätzlich attraktiv – egal, ob es nun Anwohner sind oder Touristen, die gezielt und vielleicht nur ein oder zweimal in ihrem Leben eine Stadt besuchen? Ohne Zweifel lässt sich diese Frage nur schwer beantworten.

Schöne Städte haben es sicher leichter, Menschen anzuziehen. Aber was genau ist denn „schön“? Ist das nicht sehr subjektiv?



Alain de Botton, der Gründer der Londoner „School of Life“, die Menschen dabei helfen möchte, ein erfüllteres Leben zu führen, ist anderer Meinung. Der Schweizer Philosoph und Autor ist der Ansicht, dass Schönheit der Schlüssel zum Erfolg und zur Lebensqualität der Bürger einer Stadt ist.

Außerdem gäbe es einen guten Grund dafür, dass Städte, wie London oder Paris unter Touristen beliebter sind, als etwa Frankfurt. Sechs Dinge müsse eine Stadt „richtig machen“, wenn wir sie als schön wahrnehmen sollen.

1. Ordnung und Vielfalt

Menschen brauchen ein gewisses Maß an Ordnung. Paris und New York etwa - Städte, die auch Touristen lieben - weisen diese Ordnung vor. Das Stadtbild Frankfurts dagegen schreckt eher ab; Ordnung findet sich dort kaum. Hier würde De Bottons Theorie zumindest schon einmal greifen.



Allerdings kann eine übertriebene Ordnung natürlich auch störend sein. Vielfalt und Abwechslung sind auch wichtig. Denn zu viel Regelmäßigkeit wirkt hart, unnatürlich und kalt. Städte mit organisierter Komplexität, zwischen Chaos und Langeweile scheinen optimal zu sein.

2. Das sichtbare Leben

Der zweite Aspekt ist das sichtbare Leben, womit gemeint ist, dass auf den Straßen etwas los sein muss. Eine Straße wirkt nämlich nicht nur düster, wenn die Sonne untergeht, sondern auch, wenn sich kein Mensch draußen herumtreibt.

Das beste Beispiel für belebte Straßen dürfte Berlin sein. Der statistische Bericht 2019 des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg zeigt: Jahr für Jahr wächst die Einwohnerzahl der Großstadt und gerade unter jungen Leuten zwischen 24 und 45 Jahren ist die Hauptstadt beliebt. Denn auf den Berliner Straßen blüht das Leben.



Kommen Parks, Wälder und Gemeinschaftsgärten hinzu – auch hier hat Berlin einiges zu bieten – wird eine Stadt als noch attraktiver wahrgenommen.

3. Kompaktheit

Das dritte Prinzip besteht darin, dafür zu sorgen, dass eine Stadt kompakt ist und sich nicht unkontrolliert ausdehnt. Man denke etwa an Plätze in Städten. Sind sie zu groß, fühlen wir uns verloren. Sind sie zu eng und drängeln sich hier Anwohner und Touristen, erzeugen sie Klaustrophobie. Ein gesundes Maß an Eindämmung dagegen sorgt für Geborgenheit und Übersichtlichkeit.

4. Orientierung und Geheimnis

Damit kommen wir auch schon zum nächsten Punkt: In halbwegs übersichtlichen Städten kann man sich, gerade auch als Tourist, besser orientieren. Das ist wichtig, um sich nicht zu verlaufen und den Überblick zu verlieren.

Allerdings ist es auch wichtig, dass es kleine Gässchen und Straßen gibt, die man nicht sofort erreicht. Dadurch entstehen „Geheimnisse“, die gelüftet werden wollen.

5. Der Maßstab

Auch der Maßstab ist entscheidend. Unsere städtischen Skylines werden heutzutage von hohen Gebäuden dominiert, die in der Regel dem Bankwesen gewidmet sind oder große Unternehmen beherbergen.

Die School of Life empfiehlt eine maximale Bauhöhe von fünf Stockwerken. Auch hier muss man sich nur einmal wieder Berlin oder Amsterdam vor Augen führen: Die meisten Gebäude sind hier mittelhoch und stehen eher dichter beieinander. Wirklich hohe Gebäude bilden die Ausnahme.



Sollte es dann doch einmal hohe Gebäude geben, so sollten diese etwas ganz Besonderem gewidmet sein. Was genau das allerdings ist, bleibt offen.

6. Lokalität

Der sechste Punkt, der dabei helfen könnte, eine Stadt attraktiv zu machen, ist schließlich, sie "lokal zu machen". Das bedeutet vor allem, dass Städte, gerade auch im Rahmen von Modernisierungen und neuen Bauprojekten, aufpassen müssen, ihren einzigartigen Charakter beizubehalten.

Gerade Altstädte spielen eine wichtige Rolle für die Identität eines Ortes. Städtebaulicher Denkmalschutz und andere wichtige Aspekte müssen für den Erhalt von Altstädten beachtet werden. Erschwert wird dieser Erhalt unter anderem auch durch den hohen Stellenwert des Konsums in unserer Gesellschaft.



Die Attraktivität von Innenstädten

Alain de Botton nennt es „intellektuelle Verwirrung“ rund um den Schönheits- oder Attraktivitätsbegriff und attestiert dem Durchschnittsbürger einen Mangel an politischem Willen.

Man könnte aber eben auch einfach sagen: Der Stellenwert des Einkaufens und des Shoppings, der Besitzvermehrung und allgemein des Konsums ist zurzeit extrem hoch. Das beeinflusst natürlich auch die Stadtentwicklung.

Die Studienreihe „cima.MONITOR“, eine repräsentative Erhebung zum Themenbereich „Stadt in Deutschland“, wurde 2019 zum vierten Mal herausgegeben. Für die Studie wurden deutschlandweit insgesamt 2.025 Bürger interviewt.

Heraus kam: Einkaufsmöglichkeiten sind für Anwohner der wichtigste Attraktivitätsfaktor für eine attraktive Innenstadt. Ähnlich wie auch in den Jahren 2007, 2009 und 2015 sind hier zwei Drittel der Menschen in allen Altersklassen einer Meinung.



Die Gastronomie sowie Kultur- und Freizeitangebote folgen mit Abstand. Dem Merkmal Fußgängerzone dagegen wird immer weniger Bedeutung zugeschrieben. Erschreckend ist auch, dass das Thema Stadtbild und vor allem die bereits erwähnte Altstadt ganz hinten anstehen. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass eine Altstadt etwa deshalb vernachlässigt werden kann.

Zum einen nämlich können Studien dieser Art natürlich nicht abbilden, was passieren würde, wenn die Altstadt immer weniger gepflegt und Denkmäler, Straßen und Gebäude dort verkommen würden. Dann wäre die Wertschätzung mitunter auf einmal viel höher.

Frei nach dem Spruch „Man weiß erst, was man hatte, wen man es verloren hat.“ Zum anderen wurden in besagter Studie eben nur die Anwohner und keine Touristen befragt.



Diese nämlich wiederum dürften über Altstädte ganz anders denken, wohingegen Einkaufsmöglichkeiten mitunter zwar auch eine Rolle, aber eben eine eher untergeordnete spielen dürften.

Städtetourismus heute – Öko wird immer beliebter

Städtereisen boomen. Das ist für viele Städte toll, weil mehr Einnahmen in die Kassen kommen.

Der sogenannte „Übertourismus“ kann allerdings auch zu einem echten Problem werden. Denn er verursacht nicht nur verstopfte Straßen, eine Menge Lärm und überfüllte Restaurants. Er sorgt vielmehr auch dafür, dass die Attraktivität einer Stadt für die eigentlichen Anwohner wieder sinkt.

Denn so schön eine Stadt auch sein mag – Wenn sich tausende von Touristen täglich in ihr bewegen, geht ein Teil der Identität und Kultur einer Stadt verloren.



Städte brauchen heute also eigene und gute Tourismusstrategien, die genannte Punkte berücksichtigen. Nur so kann einerseits für einen gesunden Strom an Touristen gesorgt und gleichzeitig das Interesse von Einheimischen und eine attraktive Stadtentwicklung berücksichtigt werden.

Auffällig ist hinsichtlich des modernen Tourismusverhaltens übrigens auch, dass immer mehr Menschen Öko- oder Bio-Urlaub machen möchten – auch, wenn sie eine Städtereise unternehmen. Integriert werden müssen in Tourismuskonzepte also auch Überlegungen, wie beispielsweise:

  • Können möglicherweise schon Reiseanbieter Angebote in ihr Programm nehmen,  die eine umweltbewusste Anreise ermöglichen?
  • Lassen sich Unterkünfte so gestalten, dass in ihnen nachhaltige Aufenthalte möglich werden?
  • Können Führungen und Erlebnisse angeboten werden, bei denen regionale, nachhaltige Projekte vorgestellt oder bei denen gar partizipiert werden kann?
  • Lassen sich Dinge, Attraktionen und Vorgänge, bei denen Umweltschutz eher schwierig ist oder bislang nur wenig beachtet wird, zumindest verbessern?
  • Lässt sich ein nachhaltiges Nahverkehrsnetz aufbauen?

Grüne Städte und Städte, die viele nachhaltige Konzepte nach und nach umsetzen, werden zukünftig sicherlich auch in Tourismusrankings weiter aufsteigen. Zweifelsfrei wirkt sich dieser Aspekt allerdings auch heute schon auf die Attraktivität einer Stadt aus.

Text: Susann Schmidt