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Neues Buch vorgestellt

Gregor Gysi: Unterhaltsame Buchlesung in Jena

Gregor Gysi stellte auf dem Fuchsturm in Jena sein neuestes Buch „Ein Leben ist zu wenig“ vor. Hier im Bild mit mdr-Moderator Jörg Thiem (r.).
Gregor Gysi stellte auf dem Fuchsturm in Jena sein neuestes Buch „Ein Leben ist zu wenig“ vor. Hier im Bild mit mdr-Moderator Jörg Thiem (r.).
Foto: Steffen Langbein
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Unterhaltsamer Freitagabend mit Gregor Gysi: In der Fuchsturmgaststätte in Jena stellte der Linkspolitiker im lockeren Gespräch mit mdr-Moderator Jörg Thiem Passagen aus seinem neuesten Buch „Ein Leben ist zu wenig“ vor.

Jena. „Jamaika verbinde ich mit Rum, Sonne und Reaggae“, bemerkte Gysi gleich zu Beginn des Abends mit Blick auf die aktuellen schwierigen Sondierungsgespräche beim Versuch der Regierungsbildung. Damit hatte er die ersten Lacher schon auf seiner Seite.

Einblick ins Privatleben

Im zweigeteilten Abend gab er aber zunächst ein paar Episoden aus seinem persönlichen Leben und seinen Vorfahren preis. So erfuhren die ZuhörerInnen, dass seine Mutter Irene, in St. Petersburg geboren, aus gutem bürgerlichem Haus stammt. Der Großvater wurde zwar später in Russland enteignet, trotzdem „kam meine Mutter nicht aus ärmlichen Verhältnissen, lernte zum Beispiel reiten“, so Gysi.

Sein Opa väterlicherseits war Arzt. Gregor Gysi wuchs somit in einem gut situierten Haushalt auf. Als Stärke seines Vaters sieht er die Bildung, von der er auch profitierte. Ein wichtiges, sein späteres Leben prägendes, Privileg war, dass er zu Hause Zugriff auf etwa 5.000 Bücher hatte. Dass er viele davon gelesen haben muss, merkt man seinem wortgewandten Auftreten an.

Anwalt von politisch Verfolgten

Bekannt wurde er vor allem in den 1980er Jahren in der DDR als Anwalt von politisch Verfolgten, diese machten aber „nur etwa 5 Prozent“ seiner Mandanten aus. Aber sonst hatte er vor allem mit „normalen“ Ehescheidungen, Zivilrecht und allgemeinem Strafrecht zu tun.

Einige Episoden aus seinem privaten Leben schilderte Gysi in seiner gewohnten amüsanten, manchmal selbstironischen Art, aber auch immer mit dem notwendigen Ernst und zum Nachdenken anregenden Hintergrund. Ausführlicher dargestellt ist dies alles in seinem neuesten Werk, herausgebracht vom Aufbau-Verlag, den sein Vater Klaus mit gründete.

In der Pause erfüllte er geduldig Autogrammwünsche und stand ebenso freundlich für den ein oder anderen fotografischen Schnappschuss zur Verfügung. Foto: Steffen Langbein

Natürlich waren die knapp 150 Gäste im proppevollen Saal auch auf seine Meinung zu aktuellen politischen Themen gespannt. Dass er dabei kein Blatt vor den Mund nimmt, ist bekannt. So bekommt auch seine eigene Partei wegen ihrer Machtkämpfe der Parteispitzen Kritik ab.

Über die aktuellen Sondierungsgespräche der vier Parteien könnte man ganze Seiten an dieser Stelle füllen, an dieser Stelle nur soviel dazu, auch zum Nachdenken...
Als erfahrener Politiker meint Gysi dazu „Kompromissfähig muss man in der Koalition sein. Die Schritte dazu müssen in die richtige Richtung gehen, wenn es die falsche Richtung ist, raubt man sich die Identität.“ Wie wahr, nicht nur in der Politik, auch im Alltag.



„Wenn wir uns nicht öffnen“, die Parteien in Bezug auf die Probleme der Menschen, „haben wir in ein paar Jahren unseren Trump auch in Deutschland. Aber ich will keinen Trump in Deutschland.“ so Gysi mit vom Beifall begleiteten Worten. „Ich bin Zweckoptimist. Letztlich siegt die Vernunft im Menschen“ - Gelächter im Saal, viele glauben wohl nicht mehr daran, angesichts der sich rasant verändernden Welt.

„Ich bin wild entschlossen, das Alter zu genießen.“, schloss der Moderator mit einem Zitat aus dem Epilog des Buches. Wer den Abend mit Gysi miterlebte, glaubt das dem rüstigen wortgewandten 69-Jährigen auch.

Text: Steffen Langbein