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Politik hat versagt

Lockdown-Folge: Die Kartbahn in Jena gibt auf

Kartbahn-Inhaberin Heike Meissgeier zeigt sich fassungslos, wie sich alles in den letzten Monaten zum negativen entwickelt hat.
Kartbahn-Inhaberin Heike Meissgeier zeigt sich fassungslos, wie sich alles in den letzten Monaten zum negativen entwickelt hat.
Foto: Ben Baumgarten
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Aufgabe wegen langanhaltenden Lockdown: Nach zahlreichen Abweisungen bei den regierenden Politikern gibt die Kartbahn in Jena auf und schließt seine Halle.

Jena. Seit acht Monaten ist die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Kartbahn in Jena zu. Nun ist klar, dass sie das auch bleiben wird. Die fehlende Perspektive lasse den weiteren Öffnungs-Kampf bei Inhaberin Heike Meissgeier nicht zu.

„Es ist ein Hohn, dass auf rund 4.000 m² keine fünf oder zehn Leute mit einem Helm auf dem Kopf Kart fahren dürfen und ein paar Meter weiter strömen hunderte Leute in den Supermarkt“, erklärt Meissgeier aufgelöst.



Fast 18 Jahre lang, seit dem 29. November 2003, fahren Groß und Klein auf der Bahn schon um die Wette. Nun haben von den acht Mitarbeitern bereits zwei gekündigt, zwei weitere sind in Kurzarbeit.

Politik versagt auf ganzer Linie

Seit Monaten kämpfe sie für die Öffnung, hat getan, geschrieben und erarbeitete ein funktionales Hygienekonzept. 13:00 Uhr Familie X, 13:30 Uhr Familie Y und 14:00 Uhr ist dann Familie Z an der Reihe.

Der Schriftverkehr, der dabei mit der Stadt und der Landesregierung entstanden ist, sei umfangreicher als alle Buchhaltungsakten der vergangenen Jahre.



Alles, was sie jedoch als Antwort bekommen hätte, seien Ablehnungen, Durchhalteparolen und Bekenntnisse von der Sorte „Ich bin ganz bei Ihnen“ gewesen.

„Es versagen gerade alle auf ganzer Linie“, so Meissgeier. „Keiner hat einen Plan und keiner sieht sich in der Lage, eine Entscheidung zu treffen“.

Kunden erwartetet sehnsüchtig die Wiedereröffnung

Dabei geht es ihr nicht nur ums Geld, sondern auch um Emotionen. Meissgeier bezeichnet sich selbst als Macherin, eine, die Menschen zusammenbringt.

Viele Tausende Euro kamen bei zahlreichen Charity-Projekten der Kartbahn in den letzten Jahren zusammen.

Der Freizeitspaß stand bei allen Aktivitäten stets im Vordergrund. Diese Leidenschaft zahlte sich bei den Kunden aus.



Deswegen sei sie mittlerweile auch fix und fertig und psychisch nicht mehr in der Lage, jeden Tag die gefühlt 150 Nachrichten zu beantwortet, die sehnlichst eine Wiedereröffnung herbeisehnen. Daher der Entschluss zur Schließung.

Psychische Belastung zwingt zur Aufgabe

Entsprechen traurig fallen die Reaktionen auf das Ende der Kartbahn aus. „Mein Herz ist gebrochen.... mir fehlen die Worte!“ oder „völlig fassungslos kann ich es nicht glauben, nein... Nicht ihr auch“ ist auf Facebook zu lesen.



„Deine Mitteilung und Entscheidung zur Schließung Deines Unternehmens hat in mir Sprachlosigkeit, Trauer, Wut und Respekt für Dich und Deine Entscheidung ausgelöst“, ist auch von der Geschäftsführerin von progesund Jena zu lesen.

Am Willen habe es ihr nicht gemangelt, so Meissgeier. Aber zu viel ist zu viel. All die Ablehnungen der Regierenden, jeden Tag die Kunden vertrösten. Wir brachen das Gespräch mit ihr wegen eines Tränenausbruchs an dieser Stelle ab.

Die Sache zeigt vor allem eines: Corona-Hilfen, Überbrückungskredite hin oder her. Geld ist nicht alles, und erst recht nicht der einzige Grund, woran Unternehmen in der Krise zugrunde gehen können. Die gesellschaftliche Seele wird noch auf ganz andere Weise malträtiert.

Text: Johannes Pfuch