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Haushaltssicherungskonzept

Klammes Jena: Stadtspitze erläutert Sparmaßnahmen

Kommunaler Etat in Schieflage: Die Stadtspitze um OB Nietzsche hat das Sparkonzept vorgestellt, mit dem der Haushalt ausgeglichen werden soll.
Kommunaler Etat in Schieflage: Die Stadtspitze um OB Nietzsche hat das Sparkonzept vorgestellt, mit dem der Haushalt ausgeglichen werden soll.
Foto: Johannes Pfuch
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Die Jenaer Stadtspitze erläuterte in einer Videokonferenz am Freitagvormittag ihre Vorschläge, wie das Haushaltsdefizit in den nächsten Jahren ausgeglichen werden soll.

Jena. Wenn die gesamte Stadtspitze inklusive Oberbürgermeister, Dezernenten und Kämmerer vor die Presse tritt, muss es sich um ein ernstes Thema mit größter Wichtigkeit handeln.

So geschehen am heutigen Freitag, als Oberbürgermeister Thomas Nitzsche, die Dezernenten Christian Gerlitz, Benjamin Koppe und Eberhard Hertzsch sowie Stadtkämmerer Martin Berger in einer Videokonferenz über das weitere Verfahren in Sachen Haushaltssicherungskonzept (HSK) informierten.

JN-Redakteur Johannes Pfuch in der heutigen Video-Konferenz mit Jenas Stadtspitze zum Thema Haltssicherungskonzept. (Foto: Ben Baumgarten)

Nitzsche betonte, dass das Haushaltssicherungskonzept unbedingt notwendig sei. Schon seit mehreren Jahren seien die Ausgaben der Stadt stärker gestiegen als die Einnahmen, wodurch die Stadt in eine schwere finanzielle Schieflage geraten sei, die sich nicht zuletzt in den Haushaltssperren der jüngeren Vergangenheit zeigte. Corona habe diesem Trend nur den letzten Schub gegeben.

HSK keine Last, sondern ein Hilfsmittel

Dabei sei das vorliegende Konzept noch das mildeste Mittel. Die Alternativen sind entweder der sofortige Ausgleich im Jahr 2021, der aber praktisch unmöglich ist und beim Versuch wohl noch weitaus drastischere Konsequenzen hätte.

Oder aber gar keinen Haushalt auszustellen, wodurch nur die Pflichtleistungen von der Stadt erbracht werden und alle freiwilligen Leistungen, die gerade im sozialen und kulturellen Sektor angesiedelt sind, entfallen würden. „Das wäre das Allerschlimmste, das möchte wirklich keiner“, sagt Nitzsche.

Das HSK sei dagegen laut Koppe ein „Hilfsmittel“, um den Ausgleich über mehrere Jahre zu schaffen. Berger, der die Konsolidierungsmaßnahmen für die Stadt geprüft hat, sagte „mit dem HSK geht es uns schlecht, ohne das HSK noch schlechter“.

Ernst-Abbe-Bücherei Lobeda und Tourist-Info bleiben

Für das Jahr 2021 rechnet man mit einem Defizit von 9 Millionen Euro, 2022 22 Millionen, 2023 13,6 Millionen und 2024 14,5 Millionen Euro. Ohne das HSK wären die Defizite jedes Jahr noch einmal 7 Millionen Euro höher.

Insgesamt 6,6 Millionen Euro können mit dem vorliegenden Konzept bereits eingespart werden, davon 2,5 Millionen im pflichtigen Bereich (mehr als die Hälfte davon beim Personal), 2,2 Millionen durch Mehreinnahmen und weitere 1,9 Millionen durch Einsparungen bei freiwilligen Leistungen der Stadt.

Gerade bei Letzteren habe man die Einsparungen aber, anders als dies noch im ersten Entwurf des HSK abzusehen war, auf das Minimum gedrückt. Die Auflagen des Landesverwaltungsamtes dazu sehen vor, dass die freiwilligen Leistungen nur 4 Prozent des Haushaltes ausmachen.

In Jena liegt man jedoch bei 7,88 Prozent. Da eine Halbierung laut Nitzsche „völlig unmöglich und furchtbar“ wäre, wurden knapp vier Prozent in theoretisch pflichtige Leistungen umgewandelt, sodass von den ursprünglichen 7,88 Prozent in der Praxis noch 7,33 erhalten bleiben und das Landesverwaltungsamt dennoch seine Zustimmung erteilt. „Keinen Kahlschlag“ werde es laut Koppe also geben.

Um es deutlicher zu machen: Dadurch bleiben z. B. die Tourist-Information, der Standort Lobeda der Ernst-Abbe-Bücherei und der Jugendförderplan erhalten, die Zuschüsse für das Tierheim werden um 10 anstatt 20 Prozent gesenkt. Im Raum stehen stattdessen Modifizierungen, im Falle der Tourist-Information etwa Raumverkleinerungen oder ähnliches.

Kürzungen bei Sozialleistungen deutlich abgemildert

Zudem gäbe es einzelne Maßnahmen, die von den Dezernenten nach Prüfung wieder gestrichen wurden, weil sie zwar theoretisch, aber politisch nicht möglich seien. Generell sei man so vorgegangen, dass der Stift bevorzugt bei einmaligen Projekten angesetzt wurde, um bestehende Strukturen zu erhalten.

So betonte Sozialdezernent Hertzsch, dass bei den Sozialleistungen die Strukturen beibehalten werden sollen, da es „ungleich schwieriger sei, so etwas später wiederherzustellen“.

Keine Kürzungen wird es demzufolge bei der Sucht- und Drogenhilfe sowie bei der Kinder- und Jugendarbeit geben. Gleichzeitig werde aber auch kein Geld für Zusatzleistungen, sprich neue Projekte, bereitgestellt.

Auch das Sozialticket JenaBonus wird nun nur noch für Erwachsene gestrichen. Für Kinder und Jugendliche bleibt es erhalten. Der Entwurf vom November sah die komplette Streichung vor.

HSK zielt auf nachhaltige Entwicklung mit wichtigen Investitionen

Summa summarum liefere das HSK laut Dezernent Gerlitz „trotz schwieriger Haushaltslage einen Entwurf, der trotzdem wichtige Investitionen zulässt“ und eine nachhaltige Entwicklung ermögliche, wie Koppe ergänzt. Berger nennt hierzu konkret die Erschließung von Wohn- und Gewerbegebieten.

Dadurch steigende Steuereinnahmen können perspektivisch zum Ausgleich des Haushaltes beitragen. Die Hoffnung sei, ab 2025 oder 2026 im Konsolidierungsdruck wieder zu senken. Da einige Maßnahmen als Prüfaufträge mitunter auch erst ab 2022 oder dem Folgejahr gelten, können die Beschlüsse auch angepasst werden, je nachdem, ob sie die gewünschte Wirkung erzielten.

Im Januar nun soll der Haushalt sowie das Haushaltssicherungskonzept für das laufende Jahr 2021 beschlossen werden.

Text: Johannes Pfuch