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Dr. Juliane Sanft im Porträt

Uniklinik Jena: Mit DNA den Tätern auf der Spur

Spurensuche im Labor: Mit UV-Licht werden menschliche Hinterlassenschaften sichtbar. Um einen genetischen Fingerabdruck zu erstellen, muss die DNA aufbereitet werden. Damit es zu keiner Kontamination kommt, ist Schutzkleidung Vorschrift für Juliane Sanft (re.) und ihre Kollegin Dr. Juliane Strien (li.), wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forensischen Genetik.
Spurensuche im Labor: Mit UV-Licht werden menschliche Hinterlassenschaften sichtbar. Um einen genetischen Fingerabdruck zu erstellen, muss die DNA aufbereitet werden. Damit es zu keiner Kontamination kommt, ist Schutzkleidung Vorschrift für Juliane Sanft (re.) und ihre Kollegin Dr. Juliane Strien (li.), wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forensischen Genetik.
Foto: Inka Rodigast/UKJ
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Ein Blutspritzer, eine Hautschuppe, ein Haar: Mittels DNA geht das Uniklinikum Jena auf Verbrecherjagd. Im Porträt: Dr. Juliane Sanft vom Arbeitsbereich Forensische Genetik am.

Jena. Es ist ein Mordfall, der über Thüringen hinaus für Schlagzeilen sorgt. Ein Mädchen wird tot aufgefunden, vom Täter fehlt jede Spur – das heißt: fast. Denn irgendwo finden sich eben doch eindeutige Hinterlassenschaften. Speichel, Sperma, Hautzellen. Kleinste Reste menschlicher DNA und damit Anhaltspunkte für Juliane Sanft und ihr Team in der Forensischen Genetik.

Sie untersuchen und analysieren die genetischen Spuren mit Hochdruck, im Labor laufen die hochsensiblen Geräte pausenlos, die Köpfe rauchen – und endlich ist er da: ein genetischer Fingerabdruck.

Doch zu wem gehört die DNA? Die Ermittler nehmen hunderte Speichelproben. Auch diese landen wieder bei Juliane Sanft und ihrem Team. Ständig klingelt das Telefon, die Polizei hofft, schnell Ergebnisse präsentieren zu können.

Juliane Sanfts Haupttatort ist ihr Büro: Hier fügt sie die Puzzleteile zusammen. Foto: UKJ/Inka Rodigast

Juliane Sanft weiß genau, welche Verantwortung auf ihr liegt. Endlich gibt es eine Übereinstimmung. Die DNA lügt nicht. Der Verdächtige wird festgenommen. Er ist der Täter. Juliane Sanft atmet auf – und gönnt sich zur Belohnung ein Gläschen Weißwein.

Klingt ein bisschen wie im Krimi, oder? Ja, manchmal mutet Juliane Sanfts Arbeit durchaus so an. Wenn Sie zum Tatort gerufen wird, Blutspuren liest oder herausfindet, wer das Messer angefasst hat.

Allerdings: Das Leben ist kein Krimi. Juliane Sanfts Arbeitsalltag ist – und das ist durchaus beruhigend – eben nicht von Mord und Totschlag geprägt. Was ihren Job nicht minder spannend macht!

Ziemlich viel Verantwortung

„Wir leben in Thüringen ziemlich sicher“, findet Juliane Sanft. Seit 2006 leitet die 44-Jährige den Arbeitsbereich Forensische Genetik am Institut für Rechtsmedizin des UKJ.



Mehrere große Mordfälle hat sie seither begleitet. Ansonsten wird sie etwa zwei, dreimal im Jahr selbst zum Tatort gerufen. Meistens jedoch geht es um Einbrüche, Schlägereien und ähnli­che Delikte. Den Großteil ihres Arbeitstages verbringt Juliane Sanft in ihrem Büro.

Ihre Hauptaufgabe findet im Kopf statt, ist echte Denkleistung: Sie muss die Ergebnisse, die die Geräte ausspucken, analysieren. Die einzelnen Puzzleteile verknüpfen – und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dafür ist ihr Büro mit vier Monitoren ausgestattet.

Die quirlige Biologin redet nicht nur schnell, sondern denkt auch schnell: Blitzgescheit und mit absoluter Passion brütet sie über den DNA-Profilen, verfasst Gutachten, liest die Spuren.

Und während sie so vertieft in der Materie steckt und von Monitor zu Monitor wechselt, fügen sich so langsam die einzelnen Komplexe zu einem Gesamtbild. „Ich habe dann oft einen Aha-Moment und das Puzzle löst sich“, beschreibt es Juliane Sanft.



Ursprünglich wollte sie mal Kriminalpolizistin werden. Irgendwie hatte sie eben schon immer ein Faible für diesen Bereich. Allerdings scheiterte sie kurz vor ihrem Ziel an der Sportprüfung.

Heute ist sie ganz froh darüber. Denn während sich bei der Polizeiarbeit so manch menschlicher Abgrund auftut und die Kriminalbeamten Aussagen interpretieren müssen, hat Juliane Sanft ihre unvoreingenommenen Fakten auf dem Schreibtisch.

Und nah dran ist sie ja trotzdem am Polizeigeschehen. „Wir arbeiten viel mit der Polizei zusammen, mit der Kriminaltechnik und der Tatortgruppe Thüringen“, berichtet sie. „Das ist schon ein fast familiäres Verhältnis.“

Schon auf dem Weg zur Arbeit von Erfurt nach Jena ist sie gedanklich voll bei der Arbeit und hat ihre Fälle im Kopf. „Egal, worum es geht: Wir haben einfach eine sehr große Verantwortung“, sagt Sanft.



Was ist, wenn durch die Ergebnisse jemand Falsches verdächtigt wird? Was, wenn ein Vaterschaftstest verwechselt wird? „Alles, was wir untersuchen, alles, was wir feststellen, hat Folgen“, weiß die Biologin.

Gerade zu Beginn ihrer Arbeit am Institut für Rechtsmedizin haben sie solche und ähnliche Gedanken durchaus umgetrieben und manch schlaflose Nacht gekostet.

Ordnung ist die halbe Miete

Umso wichtiger: Qualitätsmanagement. Seit 2007 ist ihr Labor nach forensischen Maßstäben akkreditiert. Das hat sie gleich zu Beginn ihrer „Amtszeit“ angepackt. Und das sieht man in jedem Raum: überall sind Akten und Ordner farblich markiert, alle Bereiche sind eindeutig getrennt, gekennzeichnet und dürfen nicht mal eben so betreten werden.

Wo Spuren gesichtet und untersucht werden, ist volle Schutzmontur angesagt. Selbst bei Besuchern wird eine DNA-Probe genommen, um eine spätere Kontamination auszuschließen.



Die komplett durchdachte, penible Ordnungsstruktur findet sich bis ins kleinste Detail wieder, nicht zuletzt in Sanfts Büro. Ein Handgriff genügt, um das gewünschte Gutachten rauszusuchen.

Apropos Gutachten: Auch das ist ein ganz großer Teil ihrer Arbeit. Gutachten verfassen – und diese gegebenenfalls vor Gericht kompetent vertreten. Noch gut erinnert sie sich an ihren ersten anstehenden Gerichtstermin.

„Da war ich natürlich schon aufgeregt. Ich wusste ja nicht, was auf mich zukommt. Die Kollegen der Polizei haben dann mal eben ihr schauspielerisches Talent ausgepackt und mich als gegnerische Anwälte gelöchert“, erzählt sie.

„Die Anwälte nehmen einen da tatsächlich manchmal ganz schön in die Mangel“, berichtet Juliane Sanft. Und das, findet sie, hat dann doch manchmal was von einem echten Krimi aus dem Fernsehen.

Text: Katrin Bogner/UKJ