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Bleibende Hörschäden

Silvesterböller: Jenaer Experten warnen

Ein Knalltrauma ist eine der wenigen bekannten Ursachen für chronischen Tinnitus. Am Tinnitus-Zentrum des UKJ finden Betroffene Hilfe.
Ein Knalltrauma ist eine der wenigen bekannten Ursachen für chronischen Tinnitus. Am Tinnitus-Zentrum des UKJ finden Betroffene Hilfe.
Foto: Schroll/UKJ
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Bleibende Hörschäden durch Silvesterböller: Experten am Uniklinikum Jena warnen vor unterschätzter Gefahr. Sie empfehlen eine Prävention durch Gehörschutz.

Jena. Mehrere tausend Menschen in Deutschland werden jedes Jahr an Silvester zu einem Notfall für die HNO-Mediziner. „Silvesterböller stellen eine große Gefahr für das Hörvermögen dar – meist werden sie extrem unterschätzt“, so Prof. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Jena (UKJ).

Beim Feuerwerk zur Begrüßung des neuen Jahres Gehörschutz zu tragen, ist eher unüblich. „Doch genau dies – oder aber ein großer Abstand zum Ort des Geschehens – ist der einzige Weg, das Gehör zu schützen“, so Prof. Guntinas-Lichius.

Gefahrpekel ab 80 Dezibel

Silvesterböller sind aus verschiedenen Gründen gefährlich für die Ohren. Zum einen wegen des bei der Explosion entstehenden Drucks und der Hitze, zum anderen wegen des enormen Schallpegels. So reicht das Spektrum von oberflächlichen Hautverletzungen bis zu tiefreichenden Gewebestörungen und einer bleibenden Innenohrschwerhörigkeit.

Wenn Feuerwerkskörper im Abstand von zwei Metern neben dem Ohr zünden, können sie Schallpegel bis zu 160 Dezibel am Trommelfell erzeugen. „Bereits ab circa 80 Dezibel wird es für unser Gehör gefährlich“, so Prof. Guntinas-Lichius. Oft ist es nur ein einziges lautes Geräusch, das ein so genanntes Knalltrauma auslöst. Wer ein solches erlebt, kann bestimmte Tonfrequenzen nicht mehr wahrnehmen.

Betroffene nehmen Ohrgeräusch wahr, spüren stechende Schmerzen im Ohr und empfinden häufig Schwindel. „Zwar klingen die Symptome häufig wieder ab, doch in vielen Fällen bleibt das Gehör über Monate oder sogar für immer geschädigt“, so Prof. Guntinas-Lichius.



Auch das Risiko, einen chronischen Tinnitus zu entwickeln, steigt für jene, die einmal ein Knalltrauma erlitten haben. „Ein solches Ereignis ist eine der wenigen klaren Ursachen, die wir für chronischen Tinnitus kennen“, sagt Dr. Daniela Ivanšić. Die Psychologin leitet das Tinnitus-Zentrum der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Jena.

Neue Tagesklinik in Lobeda

Hier lernen Betroffene in tagesklinischen Programmen, wie sie besser mit Tinnitus leben können. Auf guten Gehörschutz an Silvester – aber auch bei Konzerten und anderen lauten Freizeitbeschäftigungen wie zum Beispiel Schießsport – hinzuweisen, liegt Dr. Ivanšić am Herzen: „Denn auch die Prognose für unsere Tinnituspatienten ist leider schlechter, wenn ein Knalltrauma vorangegangen ist.“

Seit wenigen Monaten sind die Tageskliniken für Schwindel, Schmerz und Tinnitus am Klinikstandort Lobeda in einem tagesklinischen Zentrum vereint. Untergebracht sind sie in Gebäudeteil B2.

Obwohl die Tageskliniken unterschiedliche chronische Erkrankungsbilder behandeln, weisen sie die Gemeinsamkeit auf, dass in jeder Tagesklinik eine intensive interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit etabliert werden konnte. In allen drei Programmen ergänzen moderne verhaltenstherapeutische, physio- und sportmedizinische Erkenntnisse die fachspezifische Behandlung.

Text: Anne Böttner/UKJ