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Kosten: 176.000 Euro

Jena-Westbahnhof: Das Geschäft im Hightech-WC

Die 176.000 Euro teure WC-Anlage vor dem Westbahnhof ist heute freigegeben worden.
Die 176.000 Euro teure WC-Anlage vor dem Westbahnhof ist heute freigegeben worden.
Foto: Michael Baumgarten
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Mit einem symbolischen Hände waschen nahm OB Albrecht Schröter am Donnerstag die neue öffentliche Kompakt-WC-Anlage vor dem Westbahnhof in Betrieb. Foto: Andreas WentzelOB Albrecht Schröter (SPD) hielt den offiziellen Akt ab: Am Donnerstagvormittag wurde die neue öffentliche Toilette vor dem Westbahnhof in Betrieb genommen.

Jena. Wenn auch von ihm die vornehmste Funktion der Toilette nicht genutzt wurde, wusch sich das Stadtoberhaupt im Hightech-Klo wenigstens medienwirksam seine sauberen Hände. In einer dem Anlass angemessenen Laune.

Novum: Eintreten mit Klo-App

Die Erleichterung ob der nun vollendeten und 176.000 Euro teuren städtischen Investition beim „leidigen Thema“ stand Schröter ins Gesicht geschrieben. Und so verlieh er adventlich-beschwingt seiner Erwartung Ausdruck mit den Worten: „Der Stadt liegt daran, dass alles gut abläuft.“ Dem Bedürfnis zu einem Seitenhieb auf die ungeliebte Deutsche Bahn AG („Die stiehlt sich aus ihrer Verantwortung“) ließ Schröter überdies freien Lauf.  

Die Öffnung der „Kompakt-WC-Anlage“ wurde statt mit Kreditkarte mit einem Spezialschlüssel vorgenommen. Den Eintritt mit Karte – auch der EC-Variante – oder erstmals in Jena per Smartphone-App sei aber bereits getestet worden, versicherte Martina Hicke, Leiterin Operative Dienste im Kommunalservice Jena. Für KSJ ist dieses WC nach den Standorten Markt und Rasenmühleninsel das dritte im Bestand.

Subventionierte Bedürfniserleichterung

Fünfzig Cent kostet der Toilettengang. Wem‘s pressiert, stehen dafür 15 Minuten zur Verfügung, einem Behinderten eine halbe Stunde. Bei einer geplanten Nutzerzahl von 5.000 per annum können die von KSJ geplanten Betriebskosten von 22.000 Euro nur zu einem geringen Teil refinanziert werden.

Dies ist dem Willen des Stadtrates geschuldet, der über den kommunalen Haushalt dem Eigenbetrieb jährlich die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen erstattet. Um somit dem Bürger den preiswerten Abschluss seiner Verdauung sowohl öffentlich als auch juristisch wie hygienisch korrekt zu ermöglichen.

Die Firma Hering Sanikonzept GmbH aus Burbach (Nordrhein-Westfalen) fertigte maßgeschneidert die mit einem Edelstahl-Klobecken ausgerüstete Anlage für den Jenaer Standort. Seit Oktober wurde die 3,8 m lange, 2,2 m breite und 2,6 m hohe Betontragschale mit Wärmedämmung auf einem städtischen Grundstück vor dem Westbahnhof aufgestellt, an Kanalisation, Strom- und Wasserleitungen angeschlossen. Ein extra Lichtmast erhellt die Eingangstür.

Schutz vor Vandalismus

Visuell und akustisch kann ein Notfall während der Notdurft angezeigt werden. Dabei wird die Türverriegelung automatisch entsichert. Hightech findet sich auch auf dem Dach mit einer Spezialfolie, die das Regenwasser in den Technikraum abfließen lässt. Denn, so die Begründung von Raik Tischner, Sanikonzept-Gebietsverkaufsleiter Ost, Regenrinnen seien stets das erste Angriffsziel der Randalierer.

Ein Stichwort, das Uwe Feige sehr am Herzen liegt. „Mal sehen, wie lange die Toilette verschont bleibt“, rechnet der KSJ-Werkleiter mit Vandalismus. Die in schwarz-rot gehaltene Außenhülle des Gebäudes besteht aus einem Spezialglas, das die Entfernung der üblichen Schmierereien erleichtern soll.

Feiges Pessimismus resultiert aus den anhaltenden Attacken auf öffentliche Toiletten. Besonders häufig wird das WC auf der Rasenmühleninsel heimgesucht. Die soll, da die Graffiti-Künstler von Farbgefühl in Verzug geraten waren, nun wahrscheinlich im Januar in Betrieb genommen werden.

Text: Andreas Wentzel