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Stichwahl Nitzsche - Schröter

Entscheidung über Jenas OB am Sonntag

Jenaer OB-Stichwahl 2018: Siegt Stadtrat Thomas Nitzsche (l.) oder darf Albrecht Schröter (r.) in seine dritte Amtszeit starten?
Jenaer OB-Stichwahl 2018: Siegt Stadtrat Thomas Nitzsche (l.) oder darf Albrecht Schröter (r.) in seine dritte Amtszeit starten?
Foto: Wahlplakate
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Neuanfang oder Beginn einer dritten Amtszeit? Morgen wird die OB-Wahl zwischen Thomas Nitzsche (FDP) und Albrecht Schröter (SPD) entschieden.

Jena. Ein Aufreger zum Abschluss des OB-Wahlkampfes in Jena. Nicht unerwartet, hatte unter der Woche der AfD Stadtverband zur Stimmabgabe für den „bürgerlichen Kandidaten“ Thomas Nitzsche aufgerufen.

Der FDP-Stadtrat reagierte einen Tag später. „Ich habe die AfD nicht um Unterstützung gebeten“, erklärte Nitzsche. Er und seine Partei grenzten sich von „jeder Form des Extremismus“ ab.

Ein Scharmützel, das die Gesamtlage widerspiegelt. Wer weiterhin einen Mann des linken Spektrums im Amt sehen möchte, kreuzt Schröters Namen an. Wer dagegen den Wechsel will, sei es, um den linken Sozialdemokraten, sei es, um nur Schröter zu verhindern, kreuzt Nitzsche an.

Schröter-Wahlkampf mit harten Bandagen

Die gemeinhin geleugnete Polarisierung innerhalb der handelnden Akteure auf kommunaler Ebene, im Unterschied zur Bundes- und Landespolitik, gilt beim Duell Nitzsche vs. Schröter nicht. Der Amtsinhaber selbst hat diese Polarisierung massiv gefördert mit seiner Wahlwerbung der letzten Tage.

Natürlich wagte sich Schröter nicht mit der abstrusen Behauptung, sein Kontrahent stehe für eine unsoziale Politik, in die Öffentlichkeit. Seine plakatierten Botschaften „Soziales Jena“ oder „Es steht viel auf dem Spiel“ sollen nun genau diesen Eindruck beim Wähler hervorrufen. Er und nicht sein Widerpart trete für eine soziale Stadtpolitik ein.  

Entscheidet Wechselstimmung die Wahl?

Schröter setzt damit auf die Karte, die der SPD 2017 das schlechteste Bundestagswahlergebnis einbrachte. Ihm ist wohl bewusst, seine zwölfjährige OB-Amtszeit und die davor sechs Jahre als Sozial- und Kulturdezernent könnten nicht als Bonus, sondern bei einem größeren Teil der Wahlwilligen als Malus wirken. Dass - mehrheitlich - eine bloße Wechselstimmung die Wahl entscheiden könnte.

Jedenfalls spricht zunächst das Resultat des ersten Wahlganges von vor zwei Wochen für den Herausforderer. Dabei ist nicht nur der sensationelle Sieg des FDP-Bewerbers zu beachten. Denn Schröter verlor im Vergleich zur Wahl 2012, als er im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit nur knapp verpasste und die Stichwahl haushoch gewann, nun sechs Jahre später nahezu 50 Prozent der Stimmen (19.083 zu 10.965).

Das Wahlprocedere ermöglicht dem altgedienten Stadtoberhaupt, eine zweite Chance nutzen und in die dritte Amtszeit starten zu können. Nitzsche seinerseits muss darauf hoffen, „Genosse Trend“ bleibt ihm zum zweiten Mal gewogen und lässt ihn am morgigen Sonntag erneut über Schröter triumphieren.

Jede Stimme ist wichtig

Das Wählerinteresse für die OB-Wahl in Jena lag 2012 (46,0 Prozent) deutlich unter dem der nachfolgenden Kommunal- und Landtagswahl (51,5/59) sowie der Bundestagswahl (78,9). Die Stichwahl vor sechs Jahren lockte gar nur noch 33,5 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. Dabei konnte Schröter um 1.500 Stimmen zulegen.

Vorausgesetzt, beide Bewerber konnten ihre Anhänger aus dem 1. Wahlgang halten, würden - zunächst einmal - die Wähler der anderen Kandidaten entscheiden. So diese ein zweites Mal von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Schließlich: Vollkommen ungewiss bleibt das Verhalten der bisherigen Nichtwähler, die erneut die größte Einzelgruppierung bildeten.

Gegen 19 Uhr am morgigen Sonntag wird die Frage beantwortet sein: Darf Albrecht Schröter bleiben oder Thomas Nitzsche kommen.

Text: Andreas Wentzel