Prof. Felix Zintl
Rückschau: Jenaer Krebstherapie-Pionier erinnert

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Zur gestrigen Einweihung der neuen Leukämie-Einheit am Uniklinikum erinnerte Prof. Felix Zintl an die Anfänge dieser Krebsbekämpfung in Jena.
Jena. Zwischen beiden Ereignissen, die wegweisend für diesen 29. November werden sollten, lagen sieben Jahre.
1987 musste der zum Weltstar aufgestiegene spanische Tenor José Carreras die furchtbare Nachricht entgegennehmen: „Sie sind an Leukämie erkrankt.“ Die Diagnose Blutkrebs kam damals nahezu einem Todesurteil gleich. Bei Carreras wurde eine noch wenig bekannte Stammzelltransplantation vorgenommen. Der gebürtige Katalane genaß.
Sieben Jahre zuvor hatte der damals noch junge Oberarzt an der Jenaer Unikinderklinik, Dr. Felix Zintl, erstmals in der DDR diese hochkomplizierte und technisch sehr aufwändige Therapie angewendet.
Zintl trifft auf Carreras
Nun lernten sich der einstige Leukämie-Patient, behandelt an einer Klinik in Seattle (US-Bundesstaat Washington), und der langjährige Direktor der Jenaer Kinderklinik persönlich kennen. Zur Einweihung der von der José Carreras Stiftung mit einer Million Euro geförderten neuen Leukämie-Einheit am UKJ.
In seinem Vortrag ging Zintl, emeritiert 2006, auf die Geschichte der ostdeutschen Leukämie-Therapie ein. Ab 1975 wurden von ihm in Jena die Abteilung für Hämatologie (Lehre vom Blut und dessen Erkrankungen) und Onkologie (Wissenschaft vom Krebs) sowie ein Hämatologisches Labor aufgebaut.
Erste Knochenmarktransplantation
Im Herbst 1980 konnte die erste Knochenmarktransplantation am damals 13-jährigen Jörg Peuckert ausgeführt werden. Peuckert gehörte zu den Ehrengästen der Einweihungszeremonie. Jena wendete zwischen Ostsee und Erzgebirge exklusiv diese Therapie an.
Keine Devisen - also improvisieren
Diese Therapie zur Heilung von Blutkrebs war erst wenige Jahre zuvor in den USA entwickelt worden. Zintl und sein Team wussten davon, wollten diese selbst anwenden – und mussten improvisieren. Denn die im Ausland eingesetzten Materialien konnten nicht erworben werden – die DDR stellte dafür keine Devisen zur Verfügung.
Zeiss-Mechaniker halfen in ihrer Freizeit, die Spezialgehäuse für die Patientenbetten zu konstruieren. Kaffee-Kännchen aus einem Interhotel kamen zum Einsatz. Um die Transplantationen vornehmen zu können, berichtete Zintl, wurden kleine Schläuche aus dem VEB Pneumant, dem DDR-Reifenhersteller, benutzt. Ein „Geschenk“, wie Zintl betonte. Die, so fügte er an, besser funktionierten als die Schläuche, die nach der Wende nun auf dem Weltmarkt gekauft werden konnten.
Insgesamt, so das Fazit des verdienstvollen Jenaer Kinderarztes, habe die an der Jenaer Klinik entwickelte Medizintechnik „sehr gut funktioniert“. Seinen Nachfolgern am UKJ wünschte er viel Erfolg bei der Krebsbekämpfung.
Im Anschluss an seinen Vortrag applaudierte langanhaltend das Auditorium im UKJ-Hörsaal dem Lebensretter Zintl.
Text: Andreas Wentzel