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„Tag der offenen Anlage“

Wie Heißwasser und Dampf durch Jena strömen

Lebensadern aus Stahl: Die Stadt lebt von ihrem Fernwärmesystem.
Lebensadern aus Stahl: Die Stadt lebt von ihrem Fernwärmesystem.
Foto: Michael Baumgarten
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Wie kommt die Fernwärme im Wohnzimmer oder Büro an? Die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck ermöglichten einen Blick durch die Rohre.

Jena. Wehe, es fließt demnächst keine Fernwärme. Die Heizperiode steht an. 28.000 Haushalte, dazu öffentliche Einrichtungen und Unternehmen, wollen es angenehm warm haben. Heißwasser und Dampf im Gesamtenergiewert von 440 Gigawatt müssen in Jena per anno an diese Abnehmer geliefert werden.

Einblick am „Tag der Anlage“

Über 118 Kilometer strömen das 90 bis 130 Grad Celsius erhitzte, zuvor voll enthärtete und der Roda entnommene Wasser sowie der nahezu doppelt so heiße Dampf durch das Fernwärmenetz der Stadtwerke Energie Jena-Pößneck, erläutert Michael Putzmann. Elf Kilometer verlaufen frei, die unterirdischen Leitungen zum Teil in begehbaren Kanälen. Der Generalplaner für Fernwärme steht vor Schautafeln und Zuhörern an der Fernwärmestation 2 in Lobeda-Ost in der Erlanger Allee. Der Kommunalversorger hat am 16. September zum diesjährigen „Tag der Anlage“ geladen.

Dass immer noch Dampf durch Jena geblasen wird, hängt mit den spezifischen Anforderungen von Schott und Zeiss zusammen, die damit Klimaanlagen und Produktionsprozesse betreiben.

Wer sich nun Sorgen macht um die ob ihrer bunten Rohrbilder über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gewordenen „Adern von Jena“, kann zumindest die kommenden Jahre beruhigt sein. Den alten Freileitungen wurde von Rohrexperten eine weitere Lebensdauer von mindestens acht Jahren attestiert.

Hier wird Druck gemacht: Stadtwerke-Experte Michael Putzmann in der Fernwärme-Station 2 in Lobeda-Ost. Laut Ingenieur Putzmann soll das in Jena bis 1960 nur in Ansätzen (Schott) vorhandene Fernwärmesystem und dann großflächig erweiterte Fernwärmesystem nicht signifikant aus- oder rückgebaut werden. Immense Investitionen bei Zeiss führten zunächst zum Bau der Wohngebiete Nord I und II. Die Fernwärme wurde im Heizwerk in der Löbstedter Straße produziert. Danach entstanden die Plattenbausiedlungen Neulobeda und Winzerla, auf die heute rund ein Drittel der Fernwärme entfällt. 1972 ging das Heizkraftwerk in der Rudolstädter Straße ans Netz.

In Sachen Technik müssen natürlich marode Rohre ausgetauscht werden und auch die „Innereien“ der Fernwärmestationen wurden weitgehend ausgetauscht. In der FW-Station in der Erlanger Allee sind zwar jede Menge Rohre und Messinstrumente zu sehen, doch im Unterschied zu früher ist nur noch die Hälfte der Fläche damit ausgefüllt.

Blick in die Fernwärmestation Lobeda-Ost 2.Mit solchen Stationen, erklärt Putzmann, muss wieder Druck gemacht werden. Das hängt auch mit Jena typischen Höhenunterschieden der zu beliefernden Kunden zusammen. Mit gut zehn Bar (ein prall aufgepumpter Autoreifen hat 2,3 bar) starten Wasser und Dampf ihren Weg vom Gas- und Dampf-Heizkraftwerk der Thüringer Energie AG in Winzerla.

Sollte der Totalausfall bei der Lieferung eintreten, schalten die Stationen sich von den Zufuhrrohren komplett ab und dann wird, solange es geht, die im anschließenden Verteilnetz noch vorhandene Wärme genutzt.

Die Rohre sind mit elektrischen Drähten versehen, die Temperatur und Druck messen und bei Abfällen eine lokal präzise Schadensmeldung an die Leitstelle der Stadtwerke-Zentrale in der Rudolstädter Straße übermitteln. Rund 14 Prozent, mehr bei Dampf als bei Heißwasser, betragen die Energieverluste.

Wer sich nun dafür interessiert, wo und wie die von den Stadtwerken gelieferte Fernwärme erzeugt wird, kann am 19. September, 13 bis 20 Uhr, im Heizkraftwerk den „Tag der offenen Anlage“ nutzen.

Text und Fotos: Andreas Wentzel