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Steigende Zahlen

Uniklinik Jena: Mehr Verdachtsfälle auf Kindesmisshandlung

Seit 2013 ist ein deutlicher Anstieg von dem Verdacht auf Kindesmisshandlung zu verzeichnen.
Seit 2013 ist ein deutlicher Anstieg von dem Verdacht auf Kindesmisshandlung zu verzeichnen.
Foto: CFalk/ pixelio.de
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Verdacht auf Kindesmisshandlung: Untersuchungszahlen an der Thüringer Kinderschutzambulanz sind seit 2013 deutlich gestiegen. Nicht jeder Verdachtsfall wird bestätigt.

Jena. Fast 400 Kinder wurden in den letzten drei Jahren in der Thüringer Ambulanz für Kinderschutz (TAKS) am Universitätsklinikum Jena (UKJ) untersucht. Dabei geht es stets um die Frage, ob ein begründeter Verdacht auf Kindesmisshandlung vorliegt oder nicht.

„Diese Entwicklung ist vor allem mit der besseren thüringenweiten Vernetzung der Ambulanz zu erklären, nicht mit einem Anstieg von Kindesmisshandlungen“ betont Prof. Dr. Felicitas Eckoldt-Wolke, Direktorin der Kinderchirurgie am UKJ. Vor 2013 waren es jährlich etwa 30 Untersuchungen.

Bereits seit 2006 gibt es an der UKJ-Kinderchirurgie die Kinderschutzambulanz. Seit 2013 kümmert sich Raphaela Oetter als Koordinatorin der Ambulanz um eine noch engere Vernetzung zwischen „Amt und Arzt“. Sie hält die Kontakte zwischen Ambulanz, Jugendämtern, Jugendhilfeeinrichtungen und ggf. auch der Polizei. Und sie kann bei Bedarf auch ohne Umwege die weiteren Einrichtungen des UKJ aktivieren, die Teil der Thüringer Kinderschutzambulanz sind, etwa die Rechtsmedizin oder die Kinderradiologie am UKJ.

 Prof. Dr. Felicitas Eckoldt-Wolke, Direktorin der Kinderchirurgie am UKJ.„Mit der Einrichtung der Koordinatorenstelle als fester und vermittelnder Ansprechpartnerin in 2013 ging ein sprunghafter Anstieg der Anfragen einher – sowohl von Einrichtungen, aber auch von Privatpersonen. Das zeigt, wie wichtig diese Stelle ist.“ Die Arbeit von Raphaela Oetter war Teil eines Modellprojektes zur engeren Vernetzung beim Kinderschutz und wurde vom Land gefördert.

„Wir hoffen, dass diese Förderung auch zukünftig möglich ist. Denn die Arbeit der Ambulanz erstreckt sich inzwischen auf Verdachtsfälle aus ganz Thüringen“, so Prof. Eckoldt. Und das Thüringer Modell hat Vorbildfunktion: Auch große Kliniken aus anderen Bundesländern haben sich schon in der UKJ-Kinderchirurgie Rat geholt, um solche überregionalen Ambulanzen einzurichten. Zudem gibt es rund 50 Gespräche und Abstimmungen jährlich mit z.B. Jugendhilfeeinrichtungen aus Thüringen ohne konkrete Patienten. „Spezielle diese enge Vernetzung der Akteure ist ein wichtiger Bestandteil für den Kinderschutz in Thüringen“, so Eckoldt.

Die Kinderchirurgin weist noch auf einen anderen Aspekt hin: „Durch unsere Arbeit können wir auch Verdachtsfälle nach sorgfältiger Prüfung ausräumen. Das ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag, um alle Beteiligten in extrem schwierigen Situation zu unterstützen.“

Das zeigen auch die Zahlen: Es kann sich vorsichtig formulieren lassen, dass bei etwa 20 bis 30 Prozent der vorgestellten Kinder der Befund eines Misshandlungsgeschehen erhärtet werden muss. Bei den übrigen Kindern ließen sich zumindest keine körperlichen Spuren einer Kindesmisshandlung nachweisen. „Das ist eben der problematische Graubereich, welcher uns die meisten Sorgen bereitet“, sagt Prof. Dr. Eckoldt. An dieser Stelle setze auch die aktuelle Forschung an.

Text: Stefan Dreising/UKJ
Fotos: CFalk/pixelio.de (1), UKJ (1)