Täter missbrauchte Stephanie

Kindermord aufgeklärt: Polizei Jena mit Details

Nach akribischen Ermittlungen konnte der Mord an Stephanie endlich aufgeklärt werden.
Nach akribischen Ermittlungen konnte der Mord an Stephanie endlich aufgeklärt werden.
Foto: Andreas Wentzel
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Der Mordfall der 10-jährigen Stephanie ist aufgeklärt: Der mutmaßliche Mörder ist ein vorbestrafter Kinderschänder. Polizei und Staatsanwaltschaft gaben am Dienstag in Jena weitere Details bekannt.

Jena. Staatsanwaltschaft Gera und die Jenaer Polizei sind sich sicher: Der 1991 an der 10-jährigen Stephanie Drews aus Weimar begangene Mord ist aufgeklärt. Details, wenngleich nicht alle, zu Ermittlungen und zur Festnahme wurden von der Soko „Altfälle“ der LPI Jena heute auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben.

Nun sei einer der „drei weißen Flecken auf der Weste der Jenaer Polizei getilgt“, verkündete Thomas Quittenbaum, Leiter der LPI Jena. 1993 waren Bernd Beckmann und 1997 Ramona Kraus tot aufgefunden worden. In allen drei Fällen konnte kein Täter ermittelt werden.

Bei einer Pressekonferenz am Dienstagmittag in Jena sprach die Soko „Altfälle“ über Details zum Mordfall der 10-jährigen Stephanie. Foto: Andreas Wentzel

Der Beschuldigte Hans-Joachim G. sitzt in der JVA Goldlauter seit Montag in U-Haft, nachdem zuvor ein Ermittlungsrichter in Gera Haftbefehl erlassen hatte. Der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Villwock von der zuständigen Staatsanwaltschaft Gera sagte, es handele sich um die Strafandrohung einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Dem Mann sei ein Pflichtverteidiger zugeordnet worden. 

Zugriff Sonntagmorgen in Berlin

Am vergangenen Sonntag 8:04 Uhr stürmten SEK-Beamte aus Berlin die Wohnung des Verdächtigen, berichtete der Jenaer Einsatzleiter vor Ort, Erster Kriminalhauptkommissar (EKHK) Andreas Gerstenberger. Der 65-jährige Lkw-Fahrer war zuvor vier Wochen lang, davon eineinhalb durchgängig, bei seinen Fahrten durch das gesamte Bundesgebiet observiert und dabei analysiert worden.

Beim Zugriff setzte sich der Mann mit einer Eisenstange zur Wehr. Im anschließenden Handgemenge wurde er leicht verletzt und ärztlich versorgt. Während der Festnahme traf er Aussagen zum Mordfall Drews. Dieses Geständnis setzte er nach der Überführung in Räumen des Landeskriminalamtes 1 Berlin fort.



Laut Villwock sei der Mann 1996 vom Landgericht Gera wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer „mehrjährigen Haftstrafe“ verurteilt worden. Vor dem Haftrichter habe er keine Aussagen getroffen.

Der Mord an Stephanie, die am 26. August 1991 zwei Tage nach ihrem Verschwinden am Fuß der A 4 „Teufelstalbrücke“ gefunden worden war, sollte den zuvor verübten sexuellen Missbrauch des zehnjährigen Mädchens vertuschen.

Parallelen führten zum Tatverdacht

Auf die Spur des gebürtigen Weimarers und geschiedenen Fernfahrers kam die Soko „Altfälle“ durch die parallele Bearbeitung der unaufgeklärten Kindermorde im Bereich der LPI Jena, erklärte Quittenbaum.

Rund 300 Leitz-Ordner aus den 90er Jahren mussten von den Ermittlern der im Oktober 2016 gegründeten Soko zunächst digitalisiert werden. Anschließend wurden in Jena diese Fälle zueinander in Bezug gesetzt, teilte die leitende Ermittlerin, Kriminalhauptkommissarin (KHKin) Claudia Becker, mit. Die Thüringer nutzten dabei ein für den Freistaat noch sehr neues elektronisches Fallbearbeitungssystem.

Diese von Beamten aus Nordrhein-Westfalen und Bayern unterstützte Analyse, berichtete die SoKo-Sachbearbeiterin Kriminaloberkommissarin (KOKin) Carolin Böhme, führte anhand verschiedener ermittlungstechnischer Kriterien (Bezug zum Opfer, Tatort, Vorgehensweise) zu einer dreigeteilten Prioritätenliste aller in der Akte aufgeführten 142 Personenspuren.

Abgleich führte zum Täter

Im Fall Beckmann konnte zwar der nun Beschuldigte ein Alibi nachweisen. Durch den Abgleich mit den anderen beiden Morden wurden Parallelen zum Fall Drews entdeckt. In Folge wurde der Mann erstmals mit dem Fall Drews abgeglichen und eine spezifische Auswertung seiner Person vorgenommen.

Daraus ergab sich ein Tatverdacht, waren sich Polizei und Staatsanwaltschaft einig. G. stand Ende 2017, so KOH Böhme, an der Spitze der Prioritätenliste. Gut zwei Monate später erfolgte der Zugriff.

Text: Andreas Wentzel