Im Zeichen der Geschichte

Erinnerung: Jena und der 9. November

Die Stadt Jena erinnerte am Abend des 9. November an die Deportationen von Juden, Sinti und Roma, die vom Westbahnhof aus in die Vernichtungslager der NS-Diktatur abtransportiert wurden. Im Bild v.r.n.l. OB Albrecht Schröter, Benjamin Kochan, Prof. Dr. Walter Rosenthal und Ilja Rabinovitsch.
Die Stadt Jena erinnerte am Abend des 9. November an die Deportationen von Juden, Sinti und Roma, die vom Westbahnhof aus in die Vernichtungslager der NS-Diktatur abtransportiert wurden. Im Bild v.r.n.l. OB Albrecht Schröter, Benjamin Kochan, Prof. Dr. Walter Rosenthal und Ilja Rabinovitsch.
Foto: Andreas Wentzel
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Ein deutscher Schicksalstag: Jena erinnerte und gedachte mit Veranstaltungen an den 9. November der Jahre 1848, 1918, 1938 und 1989.

Jena. „Erinnerung ist nicht nur unsere Schuldigkeit, Erinnerung ist unsere Zukunft“, erklärte der Präsident der Uni Jena, Prof. Dr. Walter Rosenthal, zur offiziellen Gedenkveranstaltung der Stadt Jena am Westbahnhof. Von diesem Ort aus hatten die Nazis Juden, Sinti und Roma in die Vernichtungslager deportiert.

„Der 9. November 1938 war eine Nacht des Schreckens für die Juden in Deutschland, Österreich und der Tschechei“, sagte Rosenthal. Damit sei die systematische Vernichtung der Juden eingeläutet worden. Seine eigene Mutter habe in jener Nacht in Siegen, der Heimatstadt der Familie, als 10-Jährige vor ihrer brennenden Synagoge gestanden.

Der 9. November in der deutschen Geschichte: Die Installation an der Stadtkirche St. Michael zeigte Zeitzeugnisse der Jahre 1848, 1918, 1938 und 1989. Foto: Andreas Wentzel

Dabei sei die ausbrechende Gewalt der Nazis gegen die jüdischen Bürger in der Reichspogromnacht keinesfalls überraschend gekommen. Das Leben der jüdischen Gemeinde in Jena, sie zählte in den 30er Jahren 150 Angehörige, sei bis 1945 „ausgelöscht worden“. Unter den Augen der Deutschen, denn, so Rosenthal: „Diese Verbrechen waren keine anonymen Verbrechen.“     

Zuvor hatte OB Albrecht Schröter (SPD) die Bürger der Stadt aufgerufen, gegen Intoleranz, Rechtsextremismus und Antisemitismus aufzutreten und für eine demokratische Gesellschaft einzutreten. Das jüdische Totengebet (Kaddisch) sprach Benjamin Kochan von der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.

Im Anschluss zogen Teilnehmer in einem stillen Marsch zur Stadtkirche St. Michael. An der Werst- und Südseite des Kirchenturms hatten am Nachmittag die Jenaer Filmemacher Torsten Cott und Torsten Eckold ihre Installation zum 9. November frei geschaltet. Zeitdokumente aus Jena – Zeitungsartikel und Fotos – sollten an die ganz unterschiedlichen Ereignisse und Epochen erinnern, die mit dem 9. November verbunden sind.

Text: Andreas Wentzel