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Reaktion auf Thügida-Demo

Jenaer Stadtrat kritisiert massiv Verwaltung und Polizei

Massive Kritik an Stadtverwaltung und Polizei äußerte die Mehrheit der Redner in der Aktuellen Stunde des Stadtrates zur Thügida-Demo am 17. August in Jena.
Massive Kritik an Stadtverwaltung und Polizei äußerte die Mehrheit der Redner in der Aktuellen Stunde des Stadtrates zur Thügida-Demo am 17. August in Jena.
Foto: Michael Baumgarten/Archiv
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Äußerst kontrovers geführt und klar zugunsten der Linken gewichtet: Die Mehrheit der Redner warf in der Aktuellen Stunde der Stadtratssitzung am gestrigen Mittwoch zur Thügida-Demo am 17. August im Damenviertel Stadtführung und Polizei massives Versagen vor.

Jena. Die Aktuelle Stunde im Jenaer Stadtrat zum Thügida-Aufmarsch am 17. August im Damenviertel verlief erwartungsgemäß äußerst kontrovers. Während die Stadtführung, in Abwesenheit von OB Albrecht Schröter (SPD) nahm Bürgermeister Frank Schenker (CDU), dessen Aufgabe wahr, und die durch den LPI-Leiter Thomas Quittenbaum vertretene Polizei ihre Entscheidungen und Einsätze verteidigten, übte die Mehrzahl der Redner rigorose Kritik an den Verantwortlichen.

Lothar König (Bürger für Jena) forderte „personelle Konsequenzen“. Die schärfsten Vorwürfe insbesondere gegenüber der Stadtführung trug Lothar König (Bürger für Jena) vor. Das Auftreten der Versammlungsbehörde habe „nicht mehr viel mit Bürgernähe zu tun“, sagte König. Dann stellte der Stadtjugendpfarrer einen Vergleich zur SED-Diktatur an: „Das passt vielmehr in eine Zeit, die wir hinter uns gelassen haben“.

Persönlich attackierte er Schröter. Der habe „in aller Form die Verantwortung übernommen“. Wenn man ihm auch „nicht alle Schuld in die Schuhe schieben“ könne. In der Aufarbeitung müssten, so König, „Roß und Reiter benannt“ und „personelle Konsequenzen gezogen“ werden. Einen Rücktritt von Schröter forderte König nicht.

Fundamentalkritik übten u. a. die Stadträte Ralph Lenkert (Die Linke), Tilo Schieck (Bündnis 90/Die Grünen) und Heidrun Jänchen (Piraten). Jörg Vogel (SPD) forderte zu einem „Diskurs auf, der nicht verfeindet“. Der Ortsteilbürgermeister von Jena-Mitte, Kristian Philler (Bündnis 90/Die Grünen), verlas eine Erklärung des Ortsteilrates, die ebenfalls massiv das Agieren der Verwaltung und Sicherheitsbehörden zurückwies.

Einzig FDP-Stadtrat Alexis Taeger verteidigte aus den Reihen der Abgeordneten wörtlich den Rechtsstaat in Gänze. In einer Demokratie müssten auch Demonstrationen wie die der Thügida ausgehalten werden, sie sei nun einmal durch Gesetze gedeckt.

„Ein Verbot aus politischen Gründen scheidet aus“, hatte am Beginn der verlängerten Aktuellen Stunde Schenker erklärt. Die Vermutung, die Stadt habe keine Rechtsmittel eingelegt, um vor Gericht nicht unterliegen zu müssen, wies er zurück. Die Kritik an der Routenführung durch das Damenviertel konterte er mit der Aussage: „Grundsätzlich entscheidet der Anmelder über den Ort seiner Demonstration.“ Die Stadt prüfe derzeit ein Verbot der durch die Thügida angemeldeten Versammlung am 9. November.

Polizeichef Quittenbaum, dem durch den Stadtratsvorsitzenden Jens Thomas (Die Linke) untersagt wurde, sich persönlich mit kritischen Äußerungen an Lothar König zu wenden, begründete die getroffenen Maßnahmen als richtig und angemessen.

„Wir müssen das Versammlungsrecht durchsetzen. Wir Polizisten haben einen Eid auf das Grundgesetz und die Thüringer Landesverfassung geschworen.“ Der Einsatz eines Busses zum Transport von Thügida-Anhängern zum Versammlungsort sei die „verhältnismäßigste Variante gewesen. Die Alternative hätte „im Einsatz von unmittelbarem Zwang und Wasserwerfer bestanden“, sagte Quittenbaum.

Text: Andreas Wentzel